"Gut
geklont, Baby !" oder "Schau mir auf die Gene, Kleines"
so könnte eine futuristische intersexuelle Initial-Kommunikation
aussehen, wenn es nach dem Willen oder Wünschen einer Sekte
ginge.
Eben diese
Sekte rief zur Pressekonferenz, nicht für alle, aber für
einige wenige ausgewählte. Die Welt war gespannt. Das Schaf
Dolly sollte nicht allein die Klon-Szenerie bevölkern. Etwas
Aufregenderes musste her - ein geklonter Mensch, genauer gesagt,
ein weibliches Wesen.
Die Symbolik war nicht zu übertreffen - am Weihnachtstag,
zwar nicht wie gewollt am ersten, aber immerhin am zweiten, und
dazu noch mit dem Namen Eva. Mehr Verknüpfung mit altvorderem
Gedankengut ist kaum vorstellbar. Mehr zum Thema Symbolik im Verlauf
dieses Artikels.
Dieses Thema war dazu angetan, die Meinungen und zumeist Gegenmeinungen
in den Gazetten und Wochenschriften plakativ auszuwalzen. Sorgte
das Klonen eines Menschen (obwohl bislang der wissenschaftliche
Beweis noch aussteht) per se schon für Aufregung genug, gab
die Tatsache, dass dies einer Sekte gelungen war oder gelungen
sein sollte dem ganzen noch einen zusätzlichen Haut gout.
Zur Sekte
der Raelianer
Eine Sekte ist eine kleinere, von der (meist) christlichen Kirche
abgespaltene religiöse Gruppierung. Das Wort leitet sich
vom lateinischem "sectum" ab, was so viel wie "befolgt"
bedeutet.
Der Sektengründer Rael, mit bürgerlichem Namen dereinst
Claude Vorilhon , am 30. September1946 geboren, war früher
Journalist, durchlief eine bunte Reihe von verschiedenen "Berufen"
und wurde nach eigenen Angaben 1973 von den ausserirdischen "Elohim"
zum Propheten des Klonens bekehrt. Diese "Elohim" sollen
nach der Sektenphilosophie vor einigen tausend Jahren hier auf
der Erde, von anderen Sternen kommend, die ersten Menschen geklont
haben. Erich von Däniken lässt grüssen.
Aber es kommt noch haarsträubender: Seine Mutter habe ihn
am 25. Dezember 1945 von einem Ausserirdischen empfangen und so
feiere er am 1. Weihnachtsfeiertag seine Zeugung und zugleich
die Geburt seines Bruders Jesus, denn sie hätten beide den
gleichen Vater.
Nach eigenem Bekenntnis glauben die Sektenangehörigen nicht
an Gott und an eine Seele. Ihre neue Religion ist die Wissenschaft
und so fordern sie eine Wissenschaft frei von ethischen, moralischen
und religiösen Einschränkungen und Auflagen.
Kritiker des Klonens gehören für die Sekte in die gleiche
Kategorie wie früher diejenigen, die vor der Elektrizität,
der Dampfmaschine oder der Mondfahrt gewarnt haben. Besonders
die katholische Kirche wird mit boshaften Bemerkungen abgestraft:
Sie sei die Spitze einer Taliban-Bewegung, die die Menschheit
ins finstere Mittelalter zurückversetzen möchte.
Diese Daten und Fakten erscheinen ausreichend, um sich ein Bild
des Sektengründers und seiner abstrusen Pseudo-Philosophie
zu machen.
Zum Prinzip
des Klonens
Das erste (fraglich) geklonte Kind stammt von einer normalen Mutter,
deren Mann nicht zeugungsfähig war. Aber der zweite Streich
folgt sogleich: Das nächste Kind entstammt einem Lesben-Paar,
bislang allerdings steht der wissenschaftliche Beweis ebenfalls
aus.
Schöne Neue Welt, könnte man mit Aldous Huxley sagen.
Eine Welt, in der Männer augenscheinlich mit und in ihrer
biologischen Rolle überflüssig sind.
Wie funktioniert das Klonen?
Einer weiblichen Eizelle, die nur einen halben Chromosomensatz
enthält, entnimmt man den Zellkern und bringt einen Zellkern
einer anderen Zelle ein. Die Eizelle wird in den Uterus inkorporiert
und beginnt sich nun zu teilen. Über die verschiedenen Stadien
soll auf diese Weise ein neuer Fötus entstehen.
Dies ist den Raelisten aber nicht genug, denn dieser Klon entwickelt
seine eigene Persönlichkeit und ist somit kein Abbild der
Mutter. Kein Procedere für die Unsterblichkeit eines Egos.
Daher bestehen folgende Pläne: Mit Hilfe des noch zu entdeckenden
Acceleration Growth Process soll der Zellteilungsprozess beschleungt
werden, um mit Hilfe von weiteren neuen Technologien innerhalb
weniger Stunden einen erwachsenen Klon zu erzeugen. Dieser Quick-Klon
unterscheidet sich vom Slow-Klon dadurch, dass seine Bewusstseinsfestplatte,
sprich Gehirn und Persönlichkeit, noch leer ist. Nun lädt
man einfach diese Daten aus dem alten Gehirn in das neue "herunter"
und fertig ist die neue "Persönlichkeit". Postmortales
Weiterleben. Unsterblichkeit in immer wieder neuen Körpern.
Das alte wird entsorgt - es fehlt nur noch, dass die Deutschen
in ihrer Überbürokratiiserung dafür noch eine neue
Art von Mülltonnen an die Strasse stellen. In fünfundzwanzig
Jahren will man so weit sein.
Theoretisch könnte man den alten Körper konservieren
lassen und sich im Keller ein Vergangenheitsmuseum zulegen. Man
kann es noch zynischer ausmalen: Wenn Gäste kommen - wie
wärs mit einem kleinen Trip zu alten Hüllen?
Spinnen wir den Gedanken noch weiter: Um sich vor Unfällen
mit Todesfolge zu schützen: Eine DVD mit sämtlichen
Persönlichkeitsdaten liegt in jeder Gemeinde in einem ZKPA
(Zentralen Klon Persönlichkeits-Archiv) bereit. Einen neuen
Quick-Klon geordert, Daten aufgespielt und schon gehts weiter
in die Zukunft.
Kehren wir einmal auf den Boden der Tatsachen zurück. Das
mit viel Medien-Rummel der Welt offenbarte Schaf Dolly ist krank,
kränker als andere Artgenossen. Es leidet erheblich an Rheuma
und Arthritis.
Es gibt daher eine Reihe von Stimmen, auch aus dem Lager der Wissenschaft,
die sich - noch - gegen ein Klonen von Menschen wegen der unvorhersehbaren
Imponderabilien aussprechen, da die Technologie noch nicht so
weit zu sein scheint. Durchaus denkbar sind Schäden, die
erst in der Schulzeit oder später auftreten - wer haftet
dann für die gesundheitlichen Störungen, aber noch schlimmer,
wer trägt dann die ethisch-moralische Bürde eines fehlgeleiteten
menschlichen Schicksals?
Symbolik
Nicht jeder vermag, symbolische Bilder auf heutige Ereignisse
zu übertragen. Diesen Vorwurf muss man auch der Sekte der
Raelisten machen (im Deutschen könnte man die beiden Vokale
noch vertauschen, dann wären es Realisten, aber die Tatsache,
dass es eben so nicht ist, deutet in der deutschen Sprache schon
auf eine eigentümliche Verquastheit hin).
Insgesamt kann man sagen: Ein Mischmasch aus Altem und Neuen Testmament.
Es beginnt mit der Geburt per Kaiserschnitt an Weihnachten, zwar
nicht am Heiligen Abend, aber immerhin am höchsten Fest der
Christenheit. Gezielt auf einen derartigen Geburtstermin hinzuarbeiten
oder wie immer man es nennen mag - allein dies hinterlässt
schon einen schalen Geschmack. Hinzu kommt noch eine fast blasphemische
Absicht. Dieses Kind hat keinen Vater, es ist allein (immer unter
der Voraussetzung, das alles stimmt) aus der Mutter entstanden.
Eine Anspielung auf die Jungfrau Maria. Immerhin hat die Kirche
die Parthenogenese, die jungfräuliche Geburt zum Dogma erhoben.
Der Name Elohim ist ebenfalls eine "Raubkopie", um einmal
ein auf die Sekte passendes Wort zu gebrauchen, aus der Bibel.
Es ist der hebräische Name für Gott im ersten Kapitel
der Genesis, also im Ersten Buch Mose.
Aber noch nicht genug der Anspielungen. Eva heisst die Kleine.
Unübersehbar der Blick auf die Schöpfungsgeschichte.
Nur welch eine Fehlinterpretation! Nicht Eva war das Neue, sondern
Adam.
Gott stellt diese Schöpfung aus sich heraus. Am sechsten
Tag erst wird der Mensch geschaffen.
Die Bibel beschreibt es mit folgenden Worten: So schuf Gott den
Menschen nach seinem Abbild, nach Gottes Bild schuf er ihn, als
Mann und Frau erschuf er sie.
Es ist vorerst das Bild oder die Idee des Menschen in einer für
uns nicht vorstellbaren Welt. Erst im zweiten Kapitel der Genesis
haucht Gott dem Menschen das Leben ein, Adam, der androgyne Mensch,
der Mensch, der vorher war, betritt die Bühne der Welt oder,
anders gesagt, den Garten Eden. Und Gott der Herr sprach: Es ist
nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin
machen, die um ihn sei.
Und so fiel Adam in einen Schlaf. Aus einer Rippe Adams, so übersetzt
Luther, formte Gott die Männin, schloss die Stelle wieder
mit Fleisch und führte sie Adam zu.
Adam als der eine, der ungeteilte, spiegelt nun auf ener unteren
Ebene Gottes Tat wider. Aus der Eins, der Ungeteiltheit wird die
Zwei, die Welt der Gegensätze, des Polaren. Und es ist eben
jenes neue Wesen Eva als Ergebnis der Geteiltheit, das dem Symbol
der Welt, der Schlange erliegt und vom Baum der Erkenntnis isst.
Der Sturz in die Materie, heraus aus dem Garten Eden, ist die
unausweichliche Folge.
Bedeutet nun die geklonte Eva eine Neuauflage des Naschens vom
Baum der Erkenntnis von Gut und Böse?
Nein und ja. Es ist keine Neuauflage, aber eine immer tiefere
und weitere Verstrickung in die Welt der Formen, des Reduktionismus.
Der Mensch, von Gott in diese Welt gestellt, um irgendwann wieder
heimzukehren, versucht auf einem falschen Weg, über die Wissenschaft
mit ihren Fakten, Versuchen, Gleichungen und Formeln den Weg zu
Gott zu finden, entfernt sich aber immer weiter von dem im tiefen
Inneren mitgegebenen Ziel.
Gott ist als Schöpfer mit in diese Welt hineingegangen. Nur
so ist das Wunder verständlich, dass sich alles so wunderbar
fügt und zusammenspielt.
Das Atom, das von Leukipp und Demokrit so formulierte kleinste
Unteilbare, ist ein Baustein des Schöpfers. Insofern war
bereits die Spaltung des Atoms ein weiterer oder erneuter Griff
zum Baum der Erkenntnis. Das ursprünglich Eine wird in immer
kleinere Teile zerlegt - ohne sie jemals wieder zum Einen zusammenfügen
zu können.
Die Medizin als sogenannte wissenschaftliche Disziplin greift
mit vollen Händen zum Baum der Erkenntnis und zerlegt den
Menschen in immer weitere Bestandteile, die Anzahl der medizinischen
Diagnose-Fächer stegt unaufhörlich.. Demzufolge geht
man nicht fehl, viele Methoden als diagnostischen Atomismus zu
bezeichen.
Und jetzt wieder: Menschen schaffen nach eigenem Gutdünken,
nach eigenen Vorstellungen. Nicht aus Notwendigkeit, sondern um
dieses kleine, schäbige, neugierige, hedonistisch-wissenschaftlich
deformierte Ego aufzupolieren.
Erneut der Griff zum Baum der Erkenntnis, zugleich verwoben mit
dem Wunsch nach Unsterblichkeit, eben jenem zweiten Baum im Garten
Eden, dem Baum des Lebens.
Damit der Mensch nicht auch noch zusätzlich vom Baum des
Lebens esse und werde wie Gott, wurde der Mensch in seiner Geteiltheit
des Gartens verwiesen.
Die Schlange, der Versucher, die Verlockung der Materie - der
Mensch scheint ihr immer wieder und aufs Neue zu erliegen, um
fasziniert auf eine sich scheinbar immer weiter fortschrittlich
zu bewegende Welt zu starren. Nach dem Wohin oder gar dem Sinn
zu fragen erscheint in Anbetracht der wissenschaftlichen Erfolge
eine überflüssige Aktivität des Gehirns zu sein..
Es könnte ein langer Weg zurück zur Einheit werden.
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