Sage mit, wie
du die Dinge nennst, und ich sage dir wer du bist. Zeige mir deine
Namensgebung und sie sagt etwas über dich aus.
So könnte
man diesen Artikel beginnen, der einen hintergründigen Blick
auf die Namensgebung in der Medizin und der Zahnmedizin werfen soll.
Im Zeitalter der Technik ist man leicht geneigt, technische Ausdrücke
gedankenlos auf den Menschen zu übertragen, als sei er eine
Maschine, die man ab und zu in Intervallen zum Reparatur-Betrieb
bringt.
Wir kennen den Rasier-Apparat, den Radio-Apparat, den Fernseh-Apparat
und den Telefon-Apparat. Gebrauchsgegenstände des Alltags,
die man im Elektromarkt kauft und bei Nichtmehrfunktionieren entsorgt
oder wenn man sie nicht mehr braucht, bei Ebay versteigert oder
auf dem Flohmarkt feilbietet.
Ein wenig scheint dich diese Geisteshaltung in die Medizin eingeschlichen
zu haben. In der Orthopädie spricht man vom Bewegungs-Apparat
und die Zahnmedizin hat den Zahnhalte-Apparat kreiert. Das ist noch
lange nicht alles: Die Internisten behandeln ab und zu den Verdauungsapparat,
es fehlt nur noch, daß sich die Neurologen und Psychologen
am Gedankenapparat vergreifen.
Ob nun elektronisch oder mechanisch - ein Apparat bleibt eben ein
Apparat, den man manipulieren kann, in den man eingreifen kann und
den man reparieren kann.
Durchforstet man die zahnmedizinische Literatur, so ist gerade das
Thema Parodontologie (die Lehre von der Erkrankungen, der Diagnose
und der Behandlung des "Zahn-Apparates") fast auf diese
Formulierung abonniert.
Etymologisch ist das Wort Apparat dem lateinischen entlehnt und
erhielt erst im 19. Jahrhundert, in der Zeit der Technisierung,
die jetzige Bedeutung "Gerät, Verrichtung, Werkzeug".
Eine Ansammlung von Apparaten bezeichnet man in der Neuzeit als
Apparatur.
Nach diesem
Prolog muss man sich in der Tat fragen, ob die von den meisten Zahnärzten
und vor allen ihren wissenschaftlichen Vordenkern auf den Universitäten
kritiklos zitierte Formulierung "Zahnhalte-Apparat" geeignet
ist, tieferes Verständnis für diese komplexe Gebilde Zahn
mit seinen gesamten Strukturen zu gewinnen.
Zahnhalte-Apparat
oder Zahnbett
Beim Stöbern vor dem Schreiben dieses Artikels fand ich in
einem Lehrbuch über Zahnerhaltungskunde aus dem Jahr 1972 (Autor
E. Sauerwein) in der Unterrubrik Parodontologie noch den etwas menschlicheren
und mehr biologischen Namen "Zahnbett", den ich nach Möglichkeit
auch in meinen sämtlichen Büchern und Artikeln verwendet
habe.
Wer sich noch irgendwie ein Feingefühl für unsere Muttersprache
bewahrt hat, wird konzedieren müssen, daß diese Formulierung
stimmiger und vor allem weniger technisiert klingt.
Ein Bett ist ein Ort der Ruhe und der Erholung. Und braucht nicht
auch ein Zahn - wenn er normal beansprucht wird, nicht durch unästhetisches
Kaugummi-Kauen oder durch Knirschen mißbraucht wird - nicht
auch eine Phase der Rekonvaleszenz?
Im Grunde ist ein Zahn ein Wundergebilde, das aus dem Knochen (Zahnfach
oder in der Dentalsprache Alveole genannt) und der Schleimhaut in
ein feuchtes, mit allerlei Bakterien und Speiseresten kontaminiertes
Milieu hineinragt.
Wie eine Manschette wird der Zahn vom Zahnfleisch (der Gingiva)
umgeben, das man am Zahn als äußeres Saumepithel bezeichnet,
das wiederum weiter unten, zur Wurzel hin, in das innere Saumepithel
übergeht.
Mit speziellen Fasern, den Sharpey-Fasern, und dem Zahnzement ist
der Zahn mit dem Knochen verbunden. Die Fasern sind so angelegt,
daß sie wie eine Art Stoßdämpfer den Druck, der
auf den Zahn ausgeübt wird, abpuffern.
Zahnbett-Erkrankungen
Es liegt in der Natur der Dinge, dass der Fachmann zur genauen Abgrenzung
dem jeweiligen mehr oder minder schweren krankhaften Zustand des
Zahnbettes Namen gegeben hat. Nach meiner Ansicht ist dies für
unsere heutige Betrachtung von geringerer Bedeutung, da diese Beschreibung
eines außer Acht läßt: Die Erklärung, wie
es zu diesem Zustand kommen konnte.
Bei dieser Frage klammern wir Erkrankungen des Zahnbettes aus, die
im Gefolge von metabolischen Entgleisungen wie Diabetes etc entstanden
sind.
Es geht um den Normalpatienten, der mit seinen Problemen mit dem
Zahnbett in der Praxis auftaucht.
In der normalen Zahnmedizin wird, wenn man einmal die Beratung oder
Ermahnung wegen schlechter Pflege ausnimmt, nie nach tieferen Ursachen
gefragt.
Die meisten Erkrankungen haben eine längere Entstehungsgeschichte,
die sich oft über viele Jahre erstreckt. Knochenabbau und Zahnfleischtaschen
entstehen nicht über Nacht.
Einer der Faktoren, der in der orthodoxen Zahnmedizin so gut wie
nie berücksichtigt wird, ist die Fehlernährung und der
resonanzkettenmäßige Zusammenhang.
Gerade die Fehlernährung spielt eine immens wichtige Rolle.
Die heutige Normal-Ernährung mit Süßigkeiten, Schnellkost
und Ballaststoff-Armut wirkt bei längerem "Abusus"
stark übersäuernd. Da der Körper aber bestimmte Mineralien
und Vitamine für seine lebenswichtigen Abläufe und zur
Aufrechterhaltung eines eubiotischen Milieus unabdingbar benötigt,
holt er sich diese aus weniger lebenswichtigen Arealen. Diese werden
im Sinn einer Abraumhalde für den Abbau von Calcium und Magnesium
verwendet.
Der Mensch kann ohne weiteres ohne Zähne überleben. Und
so muß man sich bei einer progredienten Parodontose fragen,
welche länger dauernden Mangelsituationen - man muß nicht
gleich an Skorbut denken - zu diesem Zustand geführt haben.
Der Mineralmangel-Test mit dem Vegatest-Verfahren zeigt bei solchen
Patienten immer einen Mangel an Calcium und Silicea, oft auch an
Zink an.
Als Therapie eignen sich hierfür neben Organ-Präparaten
der Firmen Wala und Heel besonders gut die Schüßler-Salze,
z.B. die Biochemie-Präparate der Fa. Nestmann.
Damit kann man zwar keinen verloren gegangenen Knochen wieder aufbauen,
aber es gelingt bei Ernährungsumstellung und Aufgabe alter
Sünden den Zustand zumindest zu erhalten.
Bei der Ernährung sind tierische Eiweisse inclusive der Milchprodukte
sowie die raffinierten Kohlenhydrate als Calciumräuber grundsätzlich
zu vermeiden.
Ein weiteres Problem hinsichtlich der Entstehung von Zahnbett-Erkrankungen
ist das Rauchen. Es ist immer wieder erstaunlich bei Rauchern, besonders
bei Raucherinnen, zu beobachten, wer oder was alles Schuld ist an
der eigenen Malaise, aber nie das eigene Fehlverhalten.
Das Nikotin verändert und verschlechtert die periphere Durchblutung.
Besonders End-Organe wie die Zähne und das Zahnbett sind davon
betroffen.
In einer neueren
Publikation ist folgendes zu lesen: Menschen mit einer schweren
Erkrankung des "Zahnhalteapparates" (vom Autor dieses
Berichtes in Parenthese gesetzt) - chronische und aggressive marginale
Parodontitis - haben gegenüber Menschen mit gesundem Zahnfleisch
ein etwa 1.5fach erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten.
Das Risiko zum Herzinfarkt ist 1,8fach höher, zum Schlaganfall
2,8fach höher, so die Angaben von Prof. Grimm, Universität
Witten / Herdecke.
Bei diesen Ausführungen entsteht der fatale Eindruck eines
Kausal-Geschehens, so als sei das Geschehen im Mund mit seinen Bakterien
eine Art Auslöser.
Dies ist jedoch ein völliges Verkennen der eigentlichen Zusammenhänge.
Beides zusammen ist nämlich nichts weiter als ein gemeinsames
Geschehen, eine Form von Gleichzeitigkeit einer Manifestation eines
Grundproblems an verschiedenen Organen.
Dahinter steht immer eine Veränderung der peripheren Kapillaren:
Eine pathologische Verdickung der Kapillarbasalmembran führt
zu einer Minderversorgung des Parenchym-Gewebes und damit zu einer
Anfälligkeit für bakterielle Entzündungen im Parodontal-Bereich
und parallel dazu zu einer Minderversorgung des Herzmuskels.
Das Problem der Eiweißmast / Fehlernährung und der damit
verbundenen pathologischen Entwicklung im Parodontalbereich ist
ebenfalls von großer Bedeutung.
Ein weiteres,
von der Schulmedizin wenig beachtetes Phänomen sind lokale
Taschenbildungen bzw ein lokaler Knochenschwund. Man operiert, man
setzt Knochenersatz ein und wundert sich, daß es Mißerfolge
gibt.
Gerade ein singuläres Erscheinungsbild sollte zum Nachdenken
anregen. Oft sind es die Molaren und Prämolaren, die diese
Phänomene aufweisen.
Bezieht man das Denken in Resonanzketten mit ein, so kommt man eher
zu einer (Er)Klärung. Es sind oft die Zähne, die mit dem
Darm korrelieren, die derartige Defekte am Knochen und am Zahnbett
zeigen. Ohne auf allzuviele Details einzugehen: Der Darm ist heute
mit seiner wichtigen physiologischen Flora oft verändert. Im
Sinn von einer meridianbezogenen Gemeinsamkeit können sich
derartige Zustände auch am Zahn zeigen.
Bezieht man diese Gedanken nicht in seine Behandlung mit ein, so
ist die Gefahr des Mißerfolges sämtlicher konventioneller
Therapien gegeben.
Im Grund ist
es ein sehr weitläufiges Thema. Mit diesen kurzen Ausführungen
soll nur der Anstoß gegeben werden, die alten Geleise des
Apparate-Denkens an biologischen, komplexen Strukturen aufzugeben
und sich einer mehr umfassenderen, ganzheitlichen Denkweise zuzuwenden.
Homöopathika, Schüssler-Salze und Organpräparate
können bei diesen Denkumstellungen die herkömmliche Zahnmedizin,
die wichtig und unersetzbar ist, wesentlich bereichern.
Literatur
D. Volkmer Homöopathie und Zahn-Heilkunde >>>
D. Volkmer Gesunde Zähne bis ins Alter >>>
Für alle, die auch die psychologischen Belange einbeziehen
möchten
D. Volkmer, Mars im Spiegel - Mythologisch-bissliche Betrachtungen
(in jeder Buchhandlung oder bei Amazon.de) >>>
Dr. Dietrich
Volkmer
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